Autorin: Gabriele Horcher, Kommunikations-Wissenschaftlerin, Buchautorin, geschäftsführende Gesellschafterin der Kommunikationsagentur Möller Horcher – Public Relations und Vortragsrednerin auf unserem >KI MARKETING DAY<
Sich mit den Möglichkeiten zu befassen, die Künstliche Intelligenz in der Kommunikation eröffnet, avanciert für Unternehmen gerade von der Kür zur Pflicht. Aber noch stehen viele Sales-, Marketing-, Service- und Kommunikationsabteilungen den neuen KI-Technologien eher zurückhaltend gegenüber. Sie müssen ihre Berührungsängste schnell überwinden, sagt Gabriele Horcher. Denn nicht wenige Vertreter ihrer Zielgruppen – ob Endverbraucher oder Einkaufsabteilungen – nutzen heute schon selbst die Vorteile, die KI in der Kommunikation bietet.
Ein Endverbraucher muss sich nicht erst über seine Kommunikationsstrategie klar werden, bevor er Künstliche Intelligenz zu seinem Vorteil einsetzt. Er probiert einfach die neuen Tools oder Features aus, die ihm GAFA & Co. meist kostenfrei anbieten. Durch sein Smartphone ist er in der Lage, seine Kommunikation mit Unternehmen quasi auszulagern. Mit Google Duplex ist in den USA bereits heute ein digitaler Assistent für Konsumenten im Einsatz, der Termine beim Friseur oder Handwerker telefonisch vereinbart oder im Restaurant einen Tisch reserviert. Endverbraucher nutzen also schon Künstliche Intelligenz, um zu kommunizieren. Dagegen haben viele Unternehmen in Sachen KI noch deutlichen Nachholbedarf. Es ist höchste Zeit, dies zu ändern.
Der Käufer ist schon da
Durch Technologien wie Text-Mining, gegebenenfalls in Verbindung mit Smart Speakern, vereinfacht der Verbraucher seine Recherche nach relevanten Informationen, die ihn privat oder beruflich interessieren. Wenn er etwa Google News nutzt, surft er nicht mehr auf einzelnen Medien- oder Unternehmensseiten. Die Zielgruppe wird mitunter so verwöhnt, dass sie selbst viel weniger recherchiert. Für Unternehmen und Medienhäuser bedeutet dies: Es wird immer schwieriger, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe auf die eigenen Botschaften zu lenken. Endverbraucher können die Daten, die sie im Internet hinterlassen, sogar selbst sammeln und nutzen, um sie zum Beispiel über BitsaboutMe an werbetreibende Unternehmen zu verkaufen.
Und es sind nicht nur die Endverbraucher, die die klaren Vorteile der Künstlichen Intelligenz für sich nutzen. Auch die Einkaufsabteilungen in Unternehmen rüsten auf. Bei der Suche nach geeigneten Lieferanten wird inzwischen nach weit mehr als nur den passenden Produktspezifikationen gesucht. Früher hat sich der Einkauf ggf. nur die Bilanz eines Zulieferers angeschaut. Inzwischen recherchieren, strukturieren und bewerten KIs die gesamten Rahmenbedingungen, die einem Unternehmen – auch auf den Druck seiner Kunden hin – wichtig sind: vom Umweltbewusstsein des Zulieferers über seine Haltung zu Menschenrechten, politischen Themen und Sicherheitsaspekten bis hin zum Führungsstil auf Vorstandsebene.
Kauf- und Verkaufsverhalten
Es ist gar nicht lange her, da hat sich das Kaufverhalten von Einkaufsabteilungen und Endverbrauchern schon einmal grundlegend geändert: durch das Internet. In den vergangen 20 Jahren haben viele Unternehmen dadurch Marktanteile und Umsätze eingebüßt. Nicht wenige von ihnen sind sogar noch heute überrascht, dass ihre bisherigen Strategien und Inhalte nicht mehr funktionieren. Sie wollen nicht erkennen, dass das Internet mehr bietet als die Option, eine Visitenkarte im Netz zu haben – es ist die Basis für eine nie zuvor gekannte Markttransparenz. Die ehemals markentreue Zielgruppe hat heute nicht nur völlig andere Informations- und Recherchemöglichkeiten, sondern auch eine viel größere Auswahl. Entsprechend ist eine tendenzielle Wechselwilligkeit an die Stelle alter Markenbindungen getreten. Den Unternehmen, die hier den Anschluss verpasst haben, war es zu viel Arbeit, Forenbeiträge, Posts in den Social Media und Bewertungen im Auge zu behalten – ganz zu schweigen davon, diese Kanäle aktiv zu bespielen. Sie haben geglaubt, es aussitzen zu können, als GAFA & Co. die Auffindbarkeit ihrer Präsenzen und Informationen im Web beschnitten haben. Sie haben weder die Technologie Internet noch das Verhalten ihrer Zielgruppe ausreichend beobachtet und analysiert. Und sie haben nicht rechtzeitig auf das geänderte Kaufverhalten reagiert: mit einem geänderten Verkaufsverhalten. Angesichts des nächsten Paradigmenwechsels durch KI darf dies jetzt kein zweites Mal passieren.
Die zwei Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz
Damit sich Unternehmen nicht erst mühsam auf ein geändertes Kundenverhalten einstellen müssen, sollten sie es kontinuierlich beobachten – und dieses Wissen mit den neuen eigenen strategischen und technologischen Möglichkeiten kombinieren. Denn es kommen gleich zwei Herausforderungen auf die Kommunikatoren in Sales, Service, Marketing und Unternehmenskommunikation zu: Nicht nur, dass sie sich ausgiebig mit möglichen eigenen KI-Kommunikations-Szenarien beschäftigen müssen. Sie sollten auch erforschen, welche Informationsbedürfnisse bestehen und welche Anwendungen ihre Zielgruppe schon jetzt nutzt oder in absehbarer Zukunft einsetzen wird. Zu wissen, wonach eine Lieferanten- oder eine Endverbraucher-KI sucht und wie sie die Ergebnisse bewertet, ist der erste Schritt dahin, geeignete Antworten auf die Fragen der KI zu geben und bereitzustellen. Setzen sich Unternehmen nicht damit auseinander, welche digitalen Informationen die eigene Zielgruppe braucht, kann die großartigste KI-unterstützte Kampagne vollkommen ins Leere laufen.
Die Einsatzmöglichkeiten von KI in der Kommunikation
Künstliche Intelligenz verändert schon heute die Art und Weise, wie Unternehmen in ihrer Kommunikation arbeiten: Digitale, sprachgesteuerte Assistenten helfen, relevante Informationen schneller zu beschaffen, Dinge zu bestellen oder sogar Fotos und Grafiken zu bearbeiten. Es gibt Funktionen wie Sprache-zu-Text, Text-zu-Sprache und sogar Text-zu-Video. Möglich sind Übersetzungen ganzer Word- oder PowerPoint-Dateien oder von Gesprächen, die automatisierte Bilderkennung und Texterstellung. Wiederkehrende Prozesse zu automatisieren, spart sehr viel Zeit und verbessert den Durchsatz und den Outcome der Kommunikation enorm.
Künstliche Intelligenz kann aber nicht nur repetitive Arbeitsabläufe beschleunigen, sondern auch ganz neue Erkenntnisse bringen. Verschiedenste Aspekte lassen sich analysieren: zum Beispiel das Verhalten in Social Media, Stimmmuster, Gesichtsausdrücke oder auch Körpersignale wie Herz- und Atemfrequenz. Algorithmen können heute nicht nur herausfinden, was eine Person in einem bestimmten Moment will – sie erkennen auch, wie sie sich dabei fühlt und wie sie ganz generell tickt. Mit diesem Wissen lässt sich nicht nur die spezifische Ansprache verändern, sondern auch das spezifische Angebotsportfolio – bis hin zum individuellen Preis.
Ferne Zukunft war gestern
Schauen wir noch etwas weiter in die Zukunft, wird klar, dass die Nutzung Künstlicher Intelligenz auf Anbieter- und Käufer-Seite nicht nur die Art und Weise, wie wir in Sales, Service, Marketing und Kommunikation arbeiten, verändert; sie wird einen Teil der Kommunikation komplett revolutionieren. Warum? Weil in Zukunft immer öfter Künstliche Intelligenzen auf der Anbieterseite direkt mit Künstlichen Intelligenzen auf der Nachfrageseite kommunizieren werden. Und hierfür benötigen KIs kein Chichi und keine schöne Website. Anders als wir, lassen sie sich in ihrer Entscheidung nicht von psychologischen Effekten beeinflussen. Sie brauchen Daten, Zahlen und Fakten. Und diese in einer Tiefe, Breite und Geschwindigkeit, wie wir sie als Menschen weder verstehen noch schnell genug zur Verfügung stellen könnten. Die Voraussetzung für eine reibungslose Kommunikation zwischen KIs ist hier – noch viel mehr als heute – die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von richtigen, aktuellen und relevanten Daten.
Wer hofft, dadurch werde irgendein Kanal überflüssig, wird allerdings enttäuscht. Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass Kanäle und Technologien zwar zeitweise an Bedeutung verlieren können, aber nie ganz verschwinden. Auch Kommunikationskanäle sind Moden unterworfen, es gibt Wellenbewegungen. Aktuell und wohl noch für die nächsten zehn Jahre heißt die Monsterwelle Digitalisierung, Automatisierung und Künstliche Intelligenz. Die Komplexität nimmt dadurch aber nicht ab, sondern zu. Noch ein Grund, sich durch KI Hilfe zu holen.
Kommunikation wird menschlicher
Die Befürchtung, Kommunikation könnte ihren Human Touch völlig verlieren, ist zum Glück unbegründet. Es ist kein Widerspruch: Technologie macht die Kommunikation mitunter sogar menschlicher. Was wir als typisch menschliche Kommunikation empfinden, ist eine Kommunikation mit individuellem Charakter, eine echte One-to-One-Kommunikation. Solch eine Kommunikation ist direkt, schnell, spezifisch, relevant, verständlich, vertrauensvoll und persönlich. Tatsächlich ist KI in der Lage, all diese Kriterien für eine individuelle One-to-One-Kommunikation zu erfüllen. Als erster Chatbot der Geschichte gilt Eliza – eine virtuelle Psychotherapeutin, die der Informatiker Joseph Weizenbaum schon 1966 programmierte. Maschinen haben in solch einer individuellen Interaktion sogar Vorteile: Sie können nicht nur unser Verhalten, unsere Mimik, Stimme und Körpersignale interpretieren, in ihre Kommunikation fließen auch keine eigenen Befindlichkeiten ein. Ein Chatbot kennt keine schlechten Tage.
Die Digitalisierung von Unternehmen verlangt auch KI in der Kommunikation
Unternehmen müssen agieren, nicht abwarten. Verantwortungsbewusste Unternehmer sollten ihre Marketing-, Vertriebs-, Service- und Kommunikationsabteilungen jetzt dazu befähigen, an der Zukunft ihrer Kommunikation zu arbeiten. Denn für die Wettbewerbssituation von Unternehmen ist es entscheidend, das eigene Verkaufsverhalten dem geänderten Einkaufsverhalten ihrer Zielgruppe anzupassen – und dieser Änderung im Idealfall sogar zuvorzukommen. Es gilt, Zeit und Ressourcen für die Beobachtung und Analyse von neuen Technologien und Verhaltensänderungen zur Verfügung zu stellen. Branchenverbände sowie Messe- und Kongressveranstalter bieten häufig Vorträge und Workshops zu den diversen Trendthemen an. Natürlich ist es auch möglich, Inhouse-Workshops durchzuführen oder externe Berater zu beauftragen.
FAZIT: Statt bloß Schritt zu halten, besser einen Schritt voraus sein
Indem Unternehmen in ihrer Kommunikation mit Automatisierung und KI experimentieren, trainieren sie ihre Zukunftsfähigkeit. Mit der Recherche nach passenden Tools empfiehlt es sich, einen Mitarbeiter aus der Kommunikationsabteilung zu beauftragen, der technologieaffin ist und gut Englisch spricht. Auch viele deutsche Anbieter von KI-Technologien versuchen, ihre internationale Bedeutung dadurch nach außen zu tragen, dass sie ihre Informationen nur in englischer Sprache anbieten. Was die Recherche wiederum vereinfacht: Viele Technologieanbieter offerieren kostenfreie Probe-Accounts und unterstützen Anwender beim Experimentieren.
Der Wandel in der Unternehmenskommunikation ist allgegenwärtig und die Digitalisierung unabwendbar. Um im Wettbewerb der Zukunft zu bestehen, ist es für Unternehmen unerlässlich, sich jetzt mit den Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz auseinanderzusetzen – sowohl im Hinblick auf eigene Kommunikations-Szenarien als auch in Hinsicht auf die Informationsbedürfnisse und die präferierten Anwendungen ihrer Zielgruppe. Schon allein darum, dass die Bemühungen einer Einkaufs-KI nicht ins Leere laufen.
Download Tool-Collection
Die Anzahl der digitalen Helferlein ist schon heute recht groß. Eine kleine Auswahl und was sie leisten, verrät die Tool-Collection von Möller Horcher, die HIER zum kostenlosen Download bereitsteht. Darin haben die Kommunikationsexperten die Lösungen DeepL, Wortliga Textanalyse, Amazon Polly, Trint, Cogia, Wibbitz, IOX-Bot, Parlamind und Retresco unter die Lupe genommen.
KI kostet jene den Job, die sich nicht damit befassen
Der österreichische Managementwissenschaftler Fredmund Malik sagt, er kenne keinen erfolgreichen Manager, der nicht im Laufe seines Lebens mehrmals seine Arbeitsmethodik angepasst habe. Genau das ist die Chance, die Künstliche Intelligenz eröffnet. KI kann hochspezialisierte, wiederkehrende Aufgaben erledigen – deutlich schneller und besser als Menschen. Davon sind weder Management-Aufgaben noch Tätigkeiten aus dem kreativen Bereich ausgenommen. Automation und KI bieten aber für den, der sich darauf einlässt, neue Karriere-Chancen. Was KI dagegen heute und auch morgen noch nicht kann, ist, einen Job mit vielfältigen Aufgaben zu ersetzen.
Mehr Infos zum Thema KI und Data Driven Marketing erhalten Sie auf unserem >KI MARKETING DAY< am 18. Februar 2020 in Wien.
Zum ausführlichen Programm geht’s HIER.
Zur Autorin:
Gabriele Horcher ist Kommunikations-Wissenschaftlerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Kommunikationsagentur Möller Horcher in Offenbach und Freiberg. Sie ist Bestseller-Autorin, Vortrags-Rednerin – auch vertreten durch die Handelsblatt Redner Agentur – und Expertin für das Thema „Zukunft der Kommunikation“. Horcher hat ihre unternehmerische Pflicht zu ihrer Leidenschaft gemacht: Sie beobachtet, analysiert und prognostiziert seit drei Jahrzehnten den Wandel der Kommunikation.
Ihre Devise: Die beste Möglichkeit, die Zukunft zu prognostizieren, ist, sie aktiv mitzugestalten.
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